Schöffenwahl 2023

Im ersten Halbjahr 2023 werden bundesweit die Schöffen und Jugendschöffen für die Amtszeit von 2024 bis 2028 gewählt. Gesucht werden in unserer Gemeinde Wiesenburg/Mark
- insgesamt 2 Bürger*innen (möglichst eine Frau und ein Mann), die am Amtsgericht Brandenburg an der Havel als Vertreter des Volkes an der Rechtsprechung in Strafsachen teilnehmen. (Schöffen in allgemeinen Strafsachen).
Die Gemeindeverwaltung nimmt die Bewerbungen entgegen und bereitet den Beschluss der Vorschlagsliste durch die Gemeindevertretung vor. Die Gemeindevertretung der Gemeinde Wiesenburg/Mark schlägt doppelt so viele Kandidaten vor (insgesamt 4), wie an Schöffen am Amtsgericht Brandenburg an der Havel benötigt werden.
- insgesamt eine Bürgerin oder ein Bürger, die am Amtsgericht Brandenburg an der Havel, Amtsgericht Potsdam und Landgericht Potsdam als Vertreter des Volkes an der Rechtsprechung in Jugendstrafsachen teilnehmen. (Jugendschöffen).
Der Landkreis Potsdam Mittelmark (und die Gemeindeverwaltung) nimmt die Bewerbungen entgegen und bereitet den Beschluss der Vorschlagsliste durch den Jugendhilfeausschuss vor. Der Jugendhilfeausschuss des Landkreises schlägt doppelt so viele Kandidaten vor (insgesamt 2), wie an Schöffen am Amtsgericht Brandenburg an der Havel, Amtsgericht Potsdam und Landgericht Potsdam benötigt werden.
Die Vorschlagslisten werden nach Beschluss öffentlich ausgelegt. Gegen einzelne Vorschläge kann jeder Einspruch erheben.
Aus diesen Vorschlägen wählt der Schöffenwahlausschuss beim Amtsgericht in der zweiten Jahreshälfte 2023 die Haupt- und Ersatzschöffen.
Schöffen in der Erwachsenenstrafgerichtsbarkeit
Was sind Schöff*innen?
Schöff*innen (auch ehrenamtliche Richter*innen genannt) sind Bürger*innen, die keine juristische Vorbildung besitzen. Sie nehmen neben den Berufsrichter*innen an den Gerichtsverhandlungen am Amtsgericht Brandenburg an der Havel teil.
Was ist für eine Tätigkeit als Schöffe erforderlich?
Schöff*innen sollten über soziale Kompetenz verfügen, d. h. das Handeln eines Menschen in seinem sozialen Umfeld beurteilen können. Von ihnen werden Lebenserfahrung und Menschenkenntnis erwartet. Die ehrenamtlichen Richter müssen Beweise würdigen, d. h. die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein bestimmtes Geschehen wie in der Anklage behauptet ereignet hat oder nicht, aus den vorgelegten Zeugenaussagen, Gutachten oder Urkunden ableiten können. Die Lebenserfahrung, die ein Schöffe mitbringen muss, kann sich aus beruflicher Erfahrung und/oder gesellschaftlichem Engagement rekrutieren. Dabei steht nicht der berufliche Erfolg im Mittelpunkt, sondern die Erfahrung, die im Umgang mit Menschen erworben wurde.
Das verantwortungsvolle Amt eines Schöffen verlangt in hohem Maße Unparteilichkeit, Selbstständigkeit und Reife des Urteils, aber auch geistige Beweglichkeit und – wegen des anstrengenden Sitzungsdienstes – gesundheitliche Eignung. Juristische Kenntnisse irgendwelcher Art sind für das Amt nicht erforderlich. Schöffen müssen ihre Rolle im Strafverfahren kennen, über Rechte und Pflichten informiert sein und sich über die Ursachen von Kriminalität und den Sinn und Zweck von Strafe Gedanken gemacht haben. Sie müssen bereit sein, Zeit zu investieren, um sich über ihre Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten weiterzubilden. Wer zum Richten über Menschen berufen ist, braucht Verantwortungsbewusstsein für den Eingriff durch das Urteil in das Leben anderer Menschen. Objektivität und Unvoreingenommenheit müssen auch in schwierigen Situationen gewahrt werden, etwa wenn der Angeklagte aufgrund seines Verhaltens oder wegen der vorgeworfenen Tat zutiefst unsympathisch ist oder die öffentliche Meinung bereits eine Vorverurteilung ausgesprochen hat. Schöffen sind mit den Berufsrichtern gleichberechtigt. Für jede Verurteilung und jedes Strafmaß ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit in dem Gericht erforderlich. Gegen beide Schöffen kann niemand verurteilt werden. Jedes Urteil – gleichgültig ob Verurteilung oder Freispruch – haben die Schöffen daher mit zu verantworten. Wer die persönliche Verantwortung für eine mehrjährige Freiheitsstrafe, für die Versagung von Bewährung oder für einen Freispruch wegen mangelnder Beweislage nicht übernehmen kann, sollte das Schöffenamt nicht anstreben. In der Beratung mit den Berufsrichtern müssen Schöffen ihren Urteilsvorschlag standhaft vertreten können, ohne besserwisserisch zu sein, und sich von besseren Argumenten überzeugen lassen, ohne opportunistisch zu sein. Ihnen steht in der Hauptverhandlung das Fragerecht zu. Sie müssen sich verständlich ausdrücken, auf den Angeklagten wie andere Prozessbeteiligte eingehen können und an der Beratung argumentativ teilnehmen. Ihnen wird daher Kommunikations- und Dialogfähigkeit abverlangt.
Jugendschöffen in der Jugendstrafgerichtsbarkeit
Was sind Jugendschöff*innen?
Jugendschöff*innen sind Bürger*innen, die keine juristische Vorbildung besitzen. Sie nehmen neben den Berufsrichter*innen an den Jugendgerichtsverhandlungen an den Amtsgerichten Brandenburg an der Havel und Potsdam sowie am Landgericht Potsdam teil.
Wozu Jugendgericht?
Das Jugendstrafrecht geht davon aus, dass Straftaten, die von jungen Menschen begangen worden sind, anders zu beurteilen sind als die Straftaten Erwachsener. Deshalb muss auf sie anders reagiert werden und ein erzieherischer Aspekt im Vordergrund stehen.
Das Jugendgericht wird zuständig, wenn Jugendliche oder Heranwachsende straffällig geworden sind. Es werden hier Straftaten verhandelt, die von Jugendlichen begangen wurden, die zur Tatzeit 14, aber noch nicht 18 Jahre alt waren oder von Heranwachsenden, die zur Tatzeit 18, aber noch nicht 21 Jahren alt waren. Die Jugendschöff*innen nehmen, von wenigen gesetzlichen Ausnahmen abgesehen, in vollem Umfang und mit den gleichen Rechten wie Berufsrichter*innen an den Entscheidungen der Hauptverhandlung teil. Ihren Einsatz finden Jugendschöff*innen am Amtsgericht Luckenwalde und Zossen.
Was ist für eine Tätigkeit als Jugendschöffe erforderlich?
Jugendschöff*innen benötigen für ihre Tätigkeit neben den formalen und persönlichen Anforderungen eine erzieherische Befähigung und Erfahrung in der Jugenderziehung. Diese kann sich aus längerfristiger beruflicher wie ehrenamtlicher Betätigung im Bereich von Jugendverbänden und Jugendhilfe- und Jugendfreizeiteinrichtungen, Engagement im schulischen Bereich sowie im Rahmen privater Erziehungs- und Betreuungstätigkeit ergeben.
Angehörige bestimmter Berufsgruppen sollten hier nicht bevorzugt werden, vielmehr sollen möglichst geeignete Personen aus allen Kreisen der Bevölkerung berücksichtigt werden.
Wie lange und wie häufig werden (Jugend-)Schöff*innen eingesetzt?
(Jugend-)Schöff*innen werden für eine Dauer von fünf Jahren gewählt. Die Zahl der (Jugend-)Schöff*innen ist so bemessen, dass voraussichtlich jede*r zu nicht mehr als 12 Sitzungen im Jahr berufen wird. Durch mehrtätige Sitzungen kann sich die Zahl der Sitzungstage erhöhen. Dies kann bei umfangreichen Strafsachen der Fall sein.
Neben den Hauptschöff*innen werden auch Hilfsschöff*innen gewählt, die herangezogen werden, wenn die Hauptschöff*innen an bestimmten Verhandlungen nicht teilnehmen können, z. B. bei Krankheit.
Wie ist das Amt der (Jugend-)Schöff*innen mit dem Beruf vereinbar?
Ein Arbeitgeber ist verpflichtet, (Jugend-)Schöff*innen für die Sitzungstätigkeiten freizustellen, außer unüberwindliche Schwierigkeiten mit schweren wirtschaftlichen Folgen für den Betrieb stehen dem entgegen. Die Tätigkeit als Jugendschöffe ist keine anzeigepflichtige Nebentätigkeit.
Wie ist die Vergütung für (Jugend-)Schöff*innen?
Das Amt als Jugendschöffe ist ein Ehrenamt. Es wird kein Gehalt oder Entgelt bezahlt. Die Jugendschöff*innen haben aber einen Anspruch auf eine Entschädigung. Eine Entschädigung wird für notwendige Fahrtkosten, den mit der Dienstleistung verbundenen Aufwand und den Zeitaufwand (Grundentschädigung, Entschädigung für Verdienstausfall oder Nachteile bei der Haushaltsführung) gewährt.
Welche Personen kommen nicht für die Wahl in Frage?
Eine Wahl zum (Jugend-)Schöffen ist ausgeschlossen für Personen,
- die nicht die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen (vgl. § 31 GVG);
- gegen die ein Urteil ergangen ist, welches ihnen die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter (Ehrenamt) abspricht (vgl. § 32 Nr. 1 GVG);
- die in den letzten 10 Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe (auch auf Bewährung) von mehr als 6 Monaten bestraft worden sind (vgl. § 32 Nr. 1 GVG) und
- gegen die ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen eines Verbrechens oder einer sonstigen Straftat läuft, welches den Verlust des Rechts zur Bekleidung öffentlicher Ämter zur Folge haben kann (vgl. § 32 Nr. 2 GVG).
Als (Jugend-)schöff*innen sollen nicht berufen werden:
- Personen, die bei Beginn der Amtsperiode am 01.01.2024 das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (vgl. § 33 Nr. 1 GVG);
- Personen, die das 70. Lebensjahr vollendet haben oder es bis zu Beginn der Amtsperiode am 01.01.2024 vollenden würden (vgl. § 33 Nr. 2 GVG);
- Personen, die zur Zeit der Aufstellung der Vorschlagsliste nicht in der Gemeinde wohnen (vgl. § 33 Nr. 3 GVG);
- Personen, die den Anforderungen einer mehrstündigen bzw. mehrtägigen Hauptverhandlung in Strafsachen gesundheitlich nicht gewachsen sind (vgl. § 33 Nr. 4 GVG);
- Personen, die nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen (vgl. § 33 Nr. 5 GVG);
- Personen, die sich in der Insolvenz befinden und auch keine eidesstattliche Versicherung über ihr Vermögen abgegeben haben (vgl. § 33 Nr. 6 GVG);
- der Bundespräsident/die Bundespräsidentin (vgl. § 34 Abs. 1 Nr. 1 GVG);
- Mitglieder der Bundesregierung oder einer Landesregierung (vgl. § 34 Abs. 1 Nr. 2 GVG);
- Beamte, die jederzeit einstweilig in den Warte- oder Ruhestand versetzt werden können (vgl. § 34 Abs. 1 Nr. 3 GVG);
- Richter*innen und Beamte der Staatsanwaltschaft, Notare und Rechtsanwälte (vgl. § 34 Abs. 1 Nr. 4 GVG);
- Gerichtliche Vollstreckungsbeamte, Polizeivollzugsbeamte, Bedienstete des Strafvollzuges sowie hauptamtliche Bewährungs- und Gerichtshelfer (vgl. § 34 Abs. 1 Nr. 5 GVG);
- Religionsdiener*innen und Mitglieder solcher religiösen Vereinigungen, die satzungsgemäß zum gemeinsamen Leben verpflichtet sind (vgl. § 34 Abs. 1 Nr. 6 GVG);
- Personen, die gegen die Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit verstoßen haben (vgl. § 44a Abs. 1 Nr. 1 DRiG) und
- Personen, die hauptamtlicher oder inoffizieller Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes der DDR waren (vgl. § 44a Abs. 1 Nr. 2 DRiG)
Link zum Gerichtsverfassungsgesetz (GVG): https://www.gesetze-im-internet.de/gvg/
Link zum Deutschen Richtergesetz (DRiG): https://www.gesetze-im-internet.de/drig/
Weitere Informationen rund ums Schöffenamt finden Sie auf folgenden Seiten: